Die Folgen der Hoffnung auf den sozialen Aufstieg
Im Kanton Zürich verdienen die reichsten 5% der Hauhalte gemessen am steuerbaren Einkommen ¼ des gesamten Einkommens. Diese so gerechnete Ungleichverteilung ist seit Jahren konstant; nicht berücksichtigt sind dabei aber die stets steigenden Krankenkassenprämien und Mieten, was die wenig Verdienenden besonders spüren. Aber wer möchte nicht auch zu diesen fünf Prozent gehören? Wer hofft nicht auch auf den sozialen Aufstieg?
Die Folge davon ist, dass die Politik und die Stimmbevölkerung in den letzten Jahren immer wieder zugunsten der Bessergestellten gestimmt haben. So beispielsweise bei der Unternehmenssteuerreform II auf eidgenössischer Ebene, wo Grossaktionäre steuerlich massiv entlastet wurden. Mit dem neuen Strafrecht wurde die Wiedergutmachung ermöglicht. D.h. heisst nichts anderes, als dass vor allem Gutbetuchte gute Chancen haben, von einer Straftat ungeschoren davon zu kommen. Im Kanton Zürich stehen wir zudem vor einer Abstimmung, wo die Frage gestellt wird, ob wir die höchsten Einkommen steuerlich entlasten möchten. Und nicht zuletzt wurde in Uster das Angebot für Deutsch als Zweitsprache mit finanzpolitischen Argumenten auf ein Minimum reduziert – die Begabtenförderung wird diskussionslos beibehalten.
Wird mit dieser Entwicklung nicht langsam aber stetig an den Grundfesten unserer stabilen Gesellschaft gerüttelt? Würde es eigentlich nicht zur schweizerischen Tradition gehören, dass die sozial besser Gestellten sich immer auch für die sozial Schwächeren einsetzten? Ich finde, die Diskussion über den sozialen Zusammenhalt wird heute viel zu wenig geführt. Stattdessen wird versucht, die Schuld aller Fehlentwicklungen den Ausländerinnen und Ausländern, der Bürokratie oder der unanständigen Jugend in die Schuhe zu schieben. Zukunftsgerichtet ist das sicher nicht.