Ein Blick 100 Jahre zurück

Der anstehende Jahreswechsel ist stets auch eine gute Gelegenheit, einen Blick zurück in die Vergangenheit zu werfen, bevor man in die Zukunft schaut.

Vor hundert Jahren ging bekanntlich der Erste Weltkrieg zu Ende, welcher 1914 bis 1918 dauerte. Mit dem Kriegsende 1918 entstand ein neues, radikal verändertes Europa. Die Kaiserreiche – das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn, der russische Zar und das Osmanische Reich – waren untergegangen. Eine Reihe neuer Nationalstaaten war entstanden. US-Präsident Wilsons Forderung des Selbstbestimmungsrechts der Völker wurden angewendet. Aber kehrte damit auch Ruhe und Frieden in Europa ein? Leider war dies nicht der Fall. Es entstanden neue Konflikte, Grenzen und Unruhen. Während man zum Beispiel vor dem Ersten Weltkrieg in Europa ohne Pässe reisen konnte, wurden Nationalität und Volkszugehörigkeit nun bestimmend. Auch Antisemitismus machte sich zunehmend breit, die ersten antijüdischen Gesetze entstanden in Ungarn, das als Reststaat aus Österreich-Ungarn entstanden war.

Lehren aus der Vergangenheit sind zu ziehen

Erst nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges wurde allen in Europa klar, dass nicht die Grenzen und die Abschottung, sondern die Zusammenarbeit, Beachtung der Menschenrechte und der Rechtsstaat für die wirtschaftliche Entwicklung und für den Frieden notwendig sind. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) entstand und daraus später die EU. Rückblickend handelt es sich hierbei um das langfristig erfolgreichste Friedensprojekt Europas.

Weiter wurden von der neu gegründeten UNO die Menschenrechte 1948 universell für verbindlich erklärt.

 

Bedenkliche politische Tendenz der Gegenwart

Und wie sieht die Lage heute aus? Bestürzend ist, dass viele Lehren aus der Vergangenheit zunehmend in Vergessenheit geraten. Wie vor 100 Jahren wird mit Fremdenhass und Nationalismus gezündelt. Aus populistischen und kurzsichtigen Gründen wurde der „Brexit“ durchgedrückt. Die freie Medienwelt wird als Lügenpresse verunglimpft. Menschenrechte sollen zugunsten der „Selbstbestimmung“ in Schranken gesetzt werden. Andersdenkende und Flüchtlinge sollen schweigen oder besser direkt das Land verlassen. Anstelle von wirtschaftlicher und politischer Zusammenarbeit und Rechtsstaat treten Abschottung und selbstherrliche gelenkte Autokratien.

Wahlen 2019 - Aufruf

Bald stehen wieder Wahlen an, insbesondere die Zürcher Kantonsratswahlen im Frühjahr 2019 und die National- und Ständeratswahlen in der ganzen Schweiz im Herbst 2019. Das Stimmvolk ist aufgerufen, denjenigen Parteien und Persönlichkeiten ihre Stimme zu geben, welche willig sind, sich für ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige und sozial verträgliche Lösungen zu verständigen und tragfähige Kompromisse aushandeln. Rückwärtsgewandter Populismus und Abschottung bringen uns hier nicht weiter, das haben hundert Jahre Erfahrung wohl deutlich genug gezeigt.

In diesem Sinne wünschen wir allen frohe Festtage und einen guten Jahreswechsel.